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Postmortalitätsvorstellungen in aktuellen Medien – „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“

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Einleitung

Dieser Essay beschäftigt sich mit den postmortalen Vorstellungen und dem Transformationsprozess zwischen Leben und Tod, wie sie in dem Film „Die Geschichte des Brandner Kaspar“ dargestellt werden. Anhand einer kurzen Analyse sollen die wichtigsten Punkte des Films herausgearbeitet und im Folgenden erläutert werden.

Nach einer kurzen inhaltlichen Beschreibung, inklusive der Vorstellung der zwei Hauptpersonen, wird der Fokus auf die angedeuteten postmortalen Geschehnisse gelegt und im Weiteren die Bedeutung dieser analysiert.

Inhalt

Kaspar Brandner ist ein Büchsenmacher im Ruhestand. Seine Tochter und seine Frau starben beide recht früh, sodass er nun mit seiner Enkelin Nannerl auf einer Alm lebt. Als ihn vor seinem siebzigsten Geburtstag der Tod besucht (im Film Boandlkramer: von bayr. Boandl (Knochen) und Kramer (Krämer, Händler)), möchte dieser ihn direkt mit ins Jenseits nehmen. Kaspar Brandner gelingt es jedoch, den Boandlkramer durch Alkohol und Falschspielen dazu zu bringen, ihm noch 21 weitere Jahre auf der Erde zu geben. In Folge des Besuchs, wird die Figur Kaspar Brandner von neuer Vitalität erfasst und er beginnt auch wieder zu arbeiten.

Währenddessen versucht der Boandlkramer, seinen Fehler vor Petrus und dem Erzengel Michael zu verbergen.

Als seine Enkelin Nannerl durch die Beihilfe des Boandlkramers bei einer Verwechslung auf der Jagd stirbt, ist Kaspar Brandner verzweifelt und von tiefer Trauer durchzogen. Als ihm der Boandlkramer daraufhin das Angebot macht, sich das Paradies für eine Stunde anzugucken, nimmt er dieses an. Nachdem er dort auf seine bereits verstorbene Verwandtschaft trifft, beschließt er im Jenseits zu bleiben.

Grundsätzliche Beschreibung

Der Film „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ wurde im Jahr 2008 von Concorde Filmverleih produziert. Die Handlung spielt in Oberbayern und basiert grob auf der 1871 von Franz von Kobell erzählten Geschichte. Als realitätsnahe Vorlage wäre die Theaterinszenierung von Kurt Wilhelm aus dem Jahr 1975 zu nennen. Durch die verwendete Sprache, den Entstehungs- und Handlungsort, sowie dem Inhalt kann der christliche Glaube (in diesem Fall der römisch-katholische) als Inspiration für die postmortalen Vorstellungen gesehen werden.

Darstellung des charakterisierten Todes

Der Tod erscheint im Film in der Figur des Boandlkramers. Zusammengesetzt aus den bayrischen Wörtern Boandl und Kramer bedeutet dies also so viel wie Knochenhändler. Dieser ist mit einem schwarzen Gewand gekleidet und an seiner Kutsche ist eine Sense befestigt3. Er hat schwarze Hände, Gelbe Zähne sowie eine gelblich verfärbte Augenpartie. Vom Aussehen her, wirkt er so auf den ersten Blick quasi abstoßend und furchterregend.

Hiermit deckt sich die christliche-volkstümliche Darstellung und Vorstellung des „Sensenmannes“. Dieser ist für den Übergang zwischen Leben und Tod verantwortlich und holt die sterbenden Menschen ab, um sie ins Jenseits zu begleiten. Ein Hinweis auf die Entstehung dieser volkstümlichen Darstellung liefert die Bibel im Alten Testament. Im Prophetenbuch Jeremia steht in Kapitel 9, Vers 21: „So spricht der HERR: Die Leichen der Menschen sollen Liegen wie Dung auf dem Felde und wie Garben hinter dem Schnitter, die niemand sammelt.“ Das Wort Schnitter bezeichnet hierbei einen Erntehelfer, der seine Arbeit auf der Wanderschaft mit Hilfe einer Sense erledigt.

Übergang vom Leben zum Tod

Der Übergang zwischen Leben und Tod wird im Film als von Gott gegeben und beeinflusst beschrieben. Beim ersten Aufeinandertreffen zwischen Kaspar Brandner und dem Boandlkramer erklärt dieser ihm: „Da gibt’s viele, die stecken noch voller Leben. Und dennoch ist es ihnen unwidersprüchlich aufgesetzet.” Die Machtlosigkeit des Menschen in Bezug auf seinen Tod und den eventuellen Übergang ins Paradies wird hierbei deutlich Ähnliches wird in der Bibel im Neuen Testament beschrieben. In Markus 10, 27 erklärt Jesus, nachdem er über die Zugangsverweigerung einzelner zum Paradies berichtete: „Bei den Menschen ist’s unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.“

Dieses Zitat bezieht sich im direkten Wortlaut zwar auf Reiche, kann aber im übertragenen Sinne auch auf die Unbestechlichkeit des Göttlichen jedem Menschen gegenüber bezogen werden.

Im christlichen Volksglauben hat sich weiterhin die Vorstellung manifestiert, dass der heilige Simon-Petrus an der Himmelspforte wacht und zusammen mit dem Erzengel Michael die vergangenen Leben der Gestorbenen bewertet. Daraufhin werden den Betroffenen eventuell ihre Strafen im Fegefeuer verkündet, oder der Weg zum Paradies freigegeben. Die Vorstellung, dass Petrus an der Himmelspforte anzutreffen ist, basiert vor allem auf dem Evangelium nach Matthäus 16, Vers 19: „Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.“ Im Film ist es jedoch der Erzengel Michael, der mit seinem Flammenschwert die Himmelspforte bewacht. Dieser führt die Gestorbenen zu Petrus und entscheidet danach zusammen mit dem heiligen Nantwein (Conrad Nantwein, † um 1286) über deren Verbleib im Paradies oder Fegefeuer.

Vorstellungen von Paradies und Hölle

Während im Verlauf des Films das Paradies sogar kurz gezeigt wird, beschränken sich die Vorstellungen der Hölle auf wenige gesprochene Sätze. Vom Erzengel Michael wird die Hölle als Ort voller Qualen beschrieben. Auf Nachfrage von Kaspar Brandner, welche Qualen ihn denn erwarten würden, entgegnet dieser in bayrischer Mundart: „Solche Qualen halt, von denen du dir wünscht, dass sie bald aufhören.“ Diese werden im weiteren Verlauf des Gespräches noch als „von guten Menschen ertragbar“ beschrieben.

Das Paradies wird in mehreren Szenen wie folgt dargestellt: Alle Menschen die nach vorherige Prüfung oder nach Verbüßung des Fegefeuers dort ankommen, treffen ihre ebenfalls verstorbenen Verwandten und Freunde. Auch die weitere Beschreibung und Darstellung von grünen Wiesen, alpentypischen Almen, Bier, Brezeln und Weißwürsten, lässt im bayrischen Umfeld der Charaktere eine klischeetypische Perfektion aufkommen. Dadurch wird das Paradies als Ort beschreiben, der sich mit der individuellen Vorstellung der perfekten Umgebung jedes einzelnen Menschen darstellen lässt. Auch die Aussage des Boandlkramers „Jetzt wärst du beinahe im Himmel für die Preiß’n (bayrische Bezeichnung für Menschen aus Norddeutschland) gelandet“, lässt auf eine totale Zufriedenheit und ein friedliches Miteinander im Paradies schließen.

Umgang der Menschen mit dem Tod

Im Leben der Hauptfigur Kaspar Brandner spielt der Tod keine unbedeutende Rolle. Seine Frau und seine Tochter starben lange vor der Filmhandlung und werden von ihm aufrichtig vermisst. Sein persönlicher Glaube an den Tod und das ewige Leben wird in einem Gespräch mit dem Pastor deutlich, als dieser erklärt, dass es in der Kirche um glauben und nicht um wissen geht. Kaspar Brandner antwortet an dieser Stelle: „Und damit habt ihr auf alles eine bequeme Antwort, die in euren kirchlichen Kram passt.“ Hierbei werden seine Zweifel verdeutlicht, die schon im ersten Gespräch mit dem Boandlkramer angedeutet wurden. Der Boandlkramer erwähnt im ersten Gespräch die Reaktionen der Menschen auf sein Erscheinen. Hier kann ebenfalls eine Tabuisierung und gespaltene Meinung über den Tod herausgehört werden. Er erzählt von den Beschwerden der Menschen über ihr anstrengendes und entbehrungsreiches Leben, welches oft mit „Die Welt ist ein Jammertal“ beschrieben wird. Doch sobald er bei den Menschen erscheint, wollen sie „ums verrecken weiterleben.“ Dies fasst er durch den Satz „Komm Ich, ist es ihnen nicht recht. Komm Ich nicht, schimpfen sie auch.“ noch einmal zusammen.

Fazit

Der Film „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ erzählt auf sehr publikumswirksame Weise eine Geschichte von der Auseinandersetzung der Menschen mit dem Tod. Christlich-katholische Postmortalitätsvorstellungen werden in vielen Zusammenhängen erwähnt und beschrieben, jedoch nicht im detaillierten Sinne der allgemeinen katholischen Deutungen. So werden einige Vorstellungen des Himmels und der Hölle ironisiert, gerade im Bezug auf den bayrischen Hintergrund der Geschichte. Grundsätzlich kann der Film jedoch als humoristische Abhandlung des christlich geprägten Lebens gesehen werden. Dessen Textvorlage dürfte vor allem in ihrer Entstehungszeit (Ende des 19. Jahrhunderts) im stark katholisch geprägten Bayern, fast eine Art Tabubruch dargestellt haben. Dass die Geschichte jedoch trotzdem einen stark pro-christlichen Hintergrund hat und nicht blasphemisch wirken soll, wird vor allem zum Schluss deutlich. Als sich die Hauptfigur für das Paradies entscheidet, wird noch einmal das Glück beschrieben, welches der Mensch im Paradies empfindet.

Quellen

  • „Die Geschichte vom Brandner Kaspar”, DVD-Veröffentlichung, Concorde Video, 2009
  • Die Bibel, Luther-Übersetzung von 1984

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